Gastgeschenke – wann schenkt man was in China?
Als einer meiner Kunden das erste Mal zu mir kam, war er bereits in China gewesen und ein wenig verzweifelt. Er stammt aus meinem Heimatbundesland der wunderschönen grünen Steiermark. Ehe er nach China aufbrach, las er, dass er Geschenke für seine potentiellen Geschäftspartner mitnehmen müsse. Neben Mozartkugeln packte er auch kleine Stoffbären ein, die er im Souvenirshop in Graz bekommen hatte. In der Hand ein grünes Herz, auf dem Kopf ein grüner (Steirer-)Hut und wenn man den Bären nach hinten kippte, dann jodelte er. „Kitschiges aus der Heimat – Volltreffer!“, dachte er sich.
Als er dann in China war, kam der Bär aber nicht soo gut an, wie er es sich erhofft hatte. Warum?
Bären an sich sind süß. Doch das Geschenk wies zwei NoGos auf:
- Die kleinen Bärchen trugen das Etikett „Made in China“
- Der grüne Hut unterstellt einem verheirateten Mann in China, dass seine Frau ihn betrügen würde
(Background: im alten China mussten Ehemänner von Prostituierten und Bettlerinnen grüne Hüte auf der Straße tragen, damit man sie erkannte = ein Zeichen der Schande).
Ups.
Damit Ihnen ein solcher Fauxpas nicht passiert, anbei ein kleiner Leitfaden:
Geschenke – welchen Stellenwert haben sie in China und was schenkt man sich dort?
Vorweg, die Anlässe wozu man sich etwas schenkt, sind sehr ähnlich wie bei uns im Westen. Feierlichkeiten wie Geburtstage, Schulabschlüsse und Hochzeiten, wobei die häufigsten Geschenke im privaten Bereich „rote Umschläge“ mit Geld sind. Diese heißen auf Chinesisch: Hóngbāo (红包). Auch zu Chinesisch Neujahr (dem Familienfest in China) werden alle Kinder (darunter zählen alle, die noch ledig sind) mit roten Umschlägen mit Geld beschenkt. Rot ist in der chinesischen Kultur die Farbe des Glücks. Der geschenkte Geldbetrag wird häufig nach der chinesischen Numerologie ausgewählt um glückbringende Zahlen zu erreichen. Oftmals werden gerade Beträge ungeraden vorgezogen und die Nummer Vier wird besonders vermieden: in der chinesischen Sprache ähnelt die Aussprache des Wortes „Vier“ (sì) jener des Wortes für „Tod“ (sǐ). Sehr beliebt sind Beträge mit der Zahl 6, 8 oder 9 (mehr dazu im Blogbeitrag über chinesische Zahlen).

Doch was machen Sie, wenn Sie einem chinesischen (potentiellen) Geschäftspartner etwas mitbringen wollen? Compliance und Co. wird nicht sehr amused sein, wenn Sie vorschlagen 888 Euro cash in ein Kuvert zu stecken. Das sollen Sie auch nicht. Doch mit leeren Händen das chinesische Gegenüber anzutreffen, wäre ein NoGo. In China gehören Geschenke zu einer geschäftlichen Beziehung dazu. Westliche Firmenvertreter sollten deshalb wissen, was sie in welcher Situation schenken und welche Geschenke sie besser nicht mitbringen sollten.
Ein chinesischer Spruch besagt: „Eine Gänsefeder, mitgebracht aus weiter Ferne, ist kein großes Geschenk, aber sie übermittelt tiefe Gefühle.“ (Original: 千里送鹅毛,礼轻情意重。)
Doch was ist die Gänsefeder heute?
Zu wertvolle Zuwendungen sind hierzulande verboten (Bestechungsvorwurf), aber auf der anderen Seite werten chinesische Geschäftspartner knauserige Geschenke als Signal für mangelndes Interesse an ihnen. Das kann den Aufbau einer guten Geschäftsbeziehung verhindern. Es sollte daher vermieden werden, billige Werbegeschenke der eigenen Firma zu verschenken. Generell sind alle „Geschenke“ mit dem eigenen Firmenlogo drauf, keine Geschenke. Und schon gar nicht, sollten diese auch noch in Fernost hergestellt worden sein. „Made in China“ ist also ein NoGo.
Sehr beliebt sind Geschenke hingegen, die aus der Heimat des Besuchers kommen. Viele in Österreich denken da sofort an Mozartkugeln und Mannerschnitten, in Deutschland vielleicht an Lebkuchen und in der Schweiz an das berühmte Schweizer Taschenmesser. Das ist schön und gut, aber überholt.
Ich empfehle zwei Sorten an Geschenken:
- Made in „füge hier deine Heimat ein“
- Markenprodukte
Zu Punkt 1:
Geschenke aus Europa sind sehr beliebt, weil diese in China nicht erhältlich sind. Schenkt man etwas aus der eigenen Heimat, kann man eine Geschichte dazu erzählen und wie wir alle wissen, ist das Storytelling ein Highlight an sich. Der chinesische Counterpart kann ein Foto vom Mitbringsel machen und es in seinen WeChat-Newsfeed stellen oder seinen Freunden und seiner Familie zeigen und dazu eine Geschichte erzählen. Dadurch wirkt er international und durch Sie wertgeschätzt, Fazit: Sie geben ihm Gesicht.
Versus: Sie bringen ihm einen Kuli und einen Jahreskalender mit Ihrem Firmenlogo mit. = Sie geben ihm kein Gesicht und verlieren oben drein noch Ihr eigenes.
Zu Punkt 2:
Markenware ist Statussymbol.
Markenware gibt es an und für sich in China genug, also warum sollten Sie welche aus Europa mitbringen? Stellen Sie sich vor, Ihr Kollege kommt von einer Geschäftsreise aus China zurück und präsentiert Ihnen seine neue Breitling. Was ist Ihr erster Gedanke? Faaaake. Das ist ein Klischee, mit dem China heute noch lebt. Doch wenn man Markenware in China kaufen kann, warum sind dann Outletcenter wie Parndorf im Burgenland oder Metzingen bei Stuttgart bei chinesischen Touristen der Renner?
Der Luxuswarenhersteller Louis Vuitton, zum Beispiel, hat 25 Läden in ganz China verteilt. Und die gehen gut, sehr gut sogar. Aber: der Preis eines jeweiligen Produktes ist umgerechnet bis zu 25% teurer als in Europa. Hinzu kommt, dass die Ware, die aus dem europäischen Ausland kommt – ohne Zweifel – zu 100% echt ist.
Fazit: Bringen Sie nach Möglichkeit keine No-Name-Produkte oder „coole neue Brands“ als Geschenk mit. Auch wenn es hierzulande noch so hipp ist, wird es vermutlich in China nicht so gut ankommen. Das Argument, dass es gleich teuer wie ein internationales Luxusprodukt ist, gilt nicht. Konkret bedeutet das: eine Gucci-Tasche ist besser als eine Tasche der Marke Liebeskind, auch wenn sie „made in Germany“ ist. Eine Calvin Klein-Armbanduhr ist besser als eine Junkers Tante Ju, in die echte Teile der Lufthansa Maschine aus den 30ern eingebaut wurden.
Meine Empfehlung:
Wenn man aus Österreich kommt, ist die Liste der Möglichkeiten lang: angefangen von RedBull Racing Team Fashion Wear über die in China sehr bekannten Glastierchen von Swarovski, deren Manschettenknöpfe und Kulis bis hin zu steirischem Kürbiskernöl (vorausgesetzt der potentielle Geschäftspartner kennt es bereits) und Schnapsgläsern.
Wenn man aus Deutschland kommt, bietet sich ein Bierkrug an und/oder ein Bayern München Trikot. Wenn Sie jedoch nicht wissen, ob ihr chinesisches Gegenüber gerne Bier trinkt oder Fußball mag, könnten Sie eine Lamy-Füllfeder, deutschen (Eis-)Wein, variantenreiche Haribo oder Küchenutensilien der Marke Zwilling in den Koffer einpacken. „Made in Germany“ zeugt von großer Qualität, doch ist die Marke unbekannt, ist es lediglich ein „nettes“ Geschenk.
Für den größeren Geldbeutel geht natürlich immer das neueste iPhone (am chinesischen Markt erst später erhältlich als in den USA oder in Europa) sowie Handtaschen von LV, Gucci und Co.
Es muss allerdings kein teures Geschenk sein und schon gar nicht beim ersten Treffen. Sollten Sie Ihr Gegenüber bereits kennen, dann haben Sie bestimmt von ihm schon einmal ein Geschenk erhalten. Orientieren Sie sich an dem Wert des erhaltenen Geschenkes. Im Laufe der Jahre wird sich der Wert steigern, doch wenn Sie beim ersten Treffen bereits mit dem neuesten Smartphone anfangen, wird es schnell sehr teuer für Sie.
Abraten würde ich hingegen von
- CDs oder DVDs (auch nicht vom Neujahrskonzert)
- Schokolade
- Tee, und
- generell allem, das die Aufschrift „Made in China“ trägt
Worauf muss ich noch achten?
Die Verpackung, denn diese ist genauso wichtig wie das Geschenk. Schöne Verpackung kostet in China nicht viel, wohingegen man bei uns schon recht tief in die Tasche greifen muss. Das wissen die Chinesen in der Regel aber nicht und so „erwartet“ man sich auch eine schöne Geschenkbox oder zumindest ein edles Geschenkpapier. Sehr beliebt ist auch hier die Farbe Rot.
Nachdem Sie ein Geschenk besorgt haben und nach China geflogen sind, stellt sich nun die Frage: wann und wo überreichen Sie es. „Ohje, da sind ja eine ganze Menge Personen anwesend. Wem übergebe ich es denn nun?“
Sie übergeben das Geschenk demjenigen, der in der Hierarchie am höchsten steht. Am besten beidhändig (weil wichtige Gegenstände immer mit beiden Händen übergeben werden, um u.a. zu signalisieren, dass man zu 100% bei der Sache ist) und so, dass es die anderen anwesenden Personen auch mitbekommen. Beim Überreichen sagen Sie dazu, dass Sie lediglich eine „Kleinigkeit“ aus Ihrer Heimat mitgebracht hätten. Das Gegenüber wird sich bedanken und die Geschenktasche, in der sich Ihr Geschenk (hoffentlich) befindet, neben sich hinstellen. Es gilt in China nämlich als unhöflich, das Geschenk vor den Augen des Schenkers zu öffnen. Denn: Wie soll man reagieren, wenn man das Geschenk nicht gut findet? Dieser Gesichtsverlust wird umschifft, indem das Geschenk erst später ausgepackt wird. Findet es Gefallen, dann wird man es beim nächsten Treffen merken, da der Beschenkte es entweder tragen oder von dem Geschenk berichten wird. In den meisten Fällen kann man davon ausgehen, dass man als Gast sein Geschenk am Anfang des Treffens übergibt und ehe man nach Hause geht, ein Geschenk retour erhält.
Fazit
Bringen Sie etwas mit, das auch Ihre Kinder als junge Erwachsene cool finden würden, dann sind Sie meist am richtigen Weg. Achja und die Gänsefeder aus dem Sprichwort von oben, kann übersetzt werden mit: „kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“.
Alles Liebe
Eure Luo Lisha
p.s. Markennennung ist symbolisch, keine Werbung und kein Kaufzwang. Wenn LV, Gucci oder Breitling jedoch eine Kooperation will, darf man sich gerne bei mir melden! 😊