100 Jahre Kommunistische Partei Chinas
Im Juli 2021 feiert die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) ihr hundertjähriges Bestehen. Die Partei erscheint heute stärker denn je. Die KPCh hat mehr als 90 Millionen Mitglieder – die ist konkurrenzlos, abgesehen davon ist ihr Alleinherrschaftsanspruch in Chinas Verfassung verankert. Die Bevölkerung vertraut der Regierung, denn unter XI Jinping hat sie u.a. die Pandemie erfolgreich eingedämmt und die Armut größtenteils überwunden. Generell geht es der Bevölkerung immer besser und „das ist vor allem der Partei anzurechnen!“, sagte mir letztens meine liebe chinesische Mitarbeiterin Vicky (Viele Chinesen*innen, die international arbeiten, suchen sich einen englischen Namen. Mehr dazu hier). Sie führt fort: „Selbst meine Oma in der Inneren Mongolei hat letztens einen Hóngbāo von der Regierung bekommen, als Dankeschön für die Mitarbeit während Corona – dabei ist sie nur zuhause gewesen!“ Viele jüngere Chines*innen teilen Vickys Meinung – das Leben wird immer besser, leichter, unbeschwerter: „Solange das so weitergeht, kann Xi ruhig auf Lebenszeit die Führung übernehmen.“ Das sieht jedoch nicht nur Vicky so. Die Unterstützung für die Regierung in der chinesischen Öffentlichkeit ist gestiegen. Dies geht aus einer vom China Data Lab der University of California durchgeführten Umfrage hervor. Demnach stieg das durchschnittliche Vertrauen in die Zentralregierung von 8,23 im Juni 2019 auf 8,87 im Mai letzten Jahres, gemessen auf einer Skala von eins bis zehn. Als die Befragten gefragt wurden, ob sie das Leben unter dem politischen System Chinas im Vergleich zu anderen bevorzugen, erhöht sich der Prozentsatz der Befragten, die das chinesische System bevorzugten, im gleichen Zeitraum von 70 Prozent auf 83 Prozent.
Die KPCh ist also nicht nur nach außen hin mächtig, sondern sie genießt auch großes Vertrauen der Bevölkerung. Und dies soll auch ab 1. Juli 2021 zum 100. Gedenktag zur Gründung der Partei ausgiebig gefeiert werden. Wie genau gefeiert wird, ist noch nicht bekannt, aber die die Vorbereitungen sind am Laufen.
Chinas KP überlässt nichts dem Zufall
Zuerst muss die Bevölkerung ins Boot geholt werden. Immerhin sollen alle wissen, was für ein wichtiger Tag das ist!
Da jedoch Geschichte nicht jedermanns Sache ist, setzt die Partei auf „Geschichtsbildung“: Exkursionen in „Rote Tourismusstätten“ wie zum Beispiel Yán’ān (延安) oder Xībǎipō (西柏坡) sind staatlich erwünscht. Diese Orte sind Nationalen Demonstrationsbasen für die patriotische Erziehung (全国爱国主义教育示范基地, Quánguó àiguó zhǔyì jiàoyù shìfàn jīdì) und stehen auf der nationalen Denkmalliste (diese umfasst insgesamt rund 4.900 Objekte) und wird ständig erweitert. Warum gerade diese beiden Orte? Yán’ān war 1935 das ziel des Langen Marsches und danach bis 1948 die politische und militärische Basis der KPCh. Xībǎipō ist der Ort, wo sich zwischen 1948 und 1949 der Sitz des Zentralkomitees der KPCh und das Hauptquartier der Volksbefreiungsarmee während der entscheidenden Phasen des chinesischen Bürgerkriegs befanden. An diesen beiden Orten werden derzeit auch zahlreiche Vorführungen zu China revolutionärer Geschichte aufgeführt.

Da jedoch nicht alle Chines*innen reisen können, werden für die allgemeine Stimmung alte Lieder hervorgeholt. Eines der bekanntesten ist Nánníwān (南泥湾) – ein chinesisches revolutionäres Lied aus dem Jahr 1943 und eines der bekanntesten Lieder in der Volksrepublik China.
Um die Wirtschaftsblockade durch die japanischen Aggressoren während des Zweiten Weltkriegs zu brechen, entschied Mao Zedong Elitetruppen an den Ort Nánníwān im Südosten von Yán’ān zu schicken, um die Wirtschaft zu entwickeln und für den Kampf landwirtschaftliche Güter und Material für die Armee zu produzieren. In den Jahren von 1941 bis 1944 gelang der Truppe das Wunder, das arme Gebiet von Nánníwān so reich wie das „Jiangnan-Gebiet“, d. h. das fruchtbare und reiche Gebiet südlich des Unterlaufs des Jangtsekiang, zu machen. Hier das Lied mit englischen Untertiteln:
Die Stätte von Nánníwān steht selbstverständlich auch auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China. Nicht nur Geschichtsreisende trifft man vor Ort an, auch Firmen fahren dieses Jahr dorthin, da mit Team Building Activities geworden wird, wie zum Beispiel in gemeinschaftsuniform Kürbiskernsamen setzen.
Aber nicht nur die Musik, sondern auch die Rückkehr roter Filmklassiker in Chinas Kinos ist selbstverständlich zu so einem wichtigen Ereignis. Anlässlich des 100-jährigen Gründungsjubiläums kommt am 1. Juli landesweit der Film „1921“ in die chinesischen Kinos. Der Film erzählt die Geschichte des Ursprungs der KPCh und ist daher besonders wertvoll, um der jungen Generation von heute dabei zu helfen, die Geschichte ihres Landes zu verstehen. Ein Film, der die Zeit und die Schlüsselfiguren wieder aufleben lässt und die Notwendigkeit sowie Dringlichkeit der Parteigründung zeigt. Viele Menschen kommentierten online, dass sie sich den Film ansehen werden, und einige sagten, sie würden auch ihre Kinder mitnehmen, um ihnen die Geschichte anschaulich zu vermitteln. „Ich werde mein Kind in den Sommerferien ins Kino mitnehmen, um diesen Film zu sehen, damit es weiß, dass das friedliche und glückliche Leben heute aus der Hingabe vieler Vorfahren stammt. Das wird die junge Generation ermutigen, die Mission für das Vaterland fortzuführen“, sagte ein Internetnutzer, der auf den Namen Xiaohai hört. (Quelle: Weibo sowie http://german.china.org.cn/)
Doch nicht nur Filme, nein, es wurden auch Mitte Juni vier Hörspiele zur Feier des 100. Gründungsjubiläums der KPCh gelauncht. Die Hörspiele mit den übersetzen Namen „Go to Yan’an“, „Daliang Mountains“, „The Grand Rescue“ und „Anni’s Sea of Flowers“ werden auf mehreren Radiofrequenzen ausgestrahlt. Die Dramen stellen reale Geschichten dar, die die ursprünglichen Bestrebungen und Aufgaben der KPCh in verschiedenen Perioden der Geschichte widerspiegeln. Damit auch jene, die kein Mandarin verstehen mit ins Boot geholt werden, gibt es die kantonesische Version von „The Grand Rescue“ und „Anni’s Sea of Flowers“ in diversen Medien in Hongkong und Macao.
Abgesehen von den Medien: In der Hauptstadt Peking gibt es anlässlich des 100. Jahrestages eine Fotoausstellung mit über 100 Werken zu dem Thema und entlang der Chang’an-Straße wurden viele thematische Blumenbeete eingerichtet, um den 100. Jahrestag der Gründung der KP Chinas zu feiern. Im Bezirk Chaoyang wurde ein eigenes „Museum der Kommunistischen Partei Chinas“ errichtet (Bau 2018-2020), welches rechtzeitig am 1. Juli für die Öffentlichkeit geöffnet wurde. An dem Bau des Museums waren fast 50.000 Menschen beteiligt.

Die Fotos, die man an zahlreichen Kreuzungen in Peking schießen kann, werden dann auf WeChat gepostet und geteilt. Doch auch auf anderen Plattformen werden Inhalte der KPCh geteilt: Bilibili (哔哩哔哩), eine Plattform, die nach dem Vorbild von YouTube geschaffen wurde, hat sich zur Anlaufstelle für Jugendliche entwickelt, die etwas über Marxismus und die Geschichte der KPCh erfahren möchten. Vor Kurzem wurde die erste Folge der vom Shanghaier Stadtkomitee der Kommunistischen Jugendliga produzierten Sendung über die Geschichte der KPCh ins Netz gestellt. Darin führt der Bilibili-Blogger Laofanqie (老番茄), der rund 15 Millionen Follower hat, die Zuschauer an die historischen Gedenkstätten, darunter den Schauplatz des ersten Parteitags in Shanghai und das berühmte Boot, auf dem zu Tarnzwecken der Tagung auf dem Süd-See nahe Jiāxīng (嘉兴) in der ostchinesischen Provinz Zhejiang fortgesetzt wurde.
Mehr als 48 Millionen Jugendliche haben diese Sendung gesehen. Ähnliche Themen auf dem Kurznachrichtenportal Sina Weibo wurden 690 Millionen-mal angeklickt.
China schafft es also wieder einmal: Ein geschichtlicher Gedenktag wird zum nationalen Superereignis und alle machen mit. Vom Kindergartenkind bis zum Studenten, dem Pendler mit dem Handy in der Hand während er im Zug sitzt, der Oma, die mit Freundinnen eine Reise machen will bis zuletzt zum/zur Überseechinesen/in, die sich wünscht, zu diesem wundervollen Ereignis in ihre Heimat fliegen zu können. Ihnen bliebt nur die Möglichkeit online mit dabei zu sein und auch das schafft China mal wieder wie niemand anderer.